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Beitrag vom 19.08.2009
Varda-Retrospektive im Arsenal eröffnet mit Die Strände von Agnès
Anna Opel
Das Arsenal würdigt die Pionierin der Nouvelle Vague mit einer umfangreichen Werkschau vom 4.-30. September 2009, Filmstart deren impressionistischen Selbstportraits am 10. September 2009
Im vergangenen Jahr ist Agnès Varda, die Grande Dame des französischen Films und Großmutter der Nouvelle Vague 80 Jahre alt geworden. Sie hat ihr Jubiläum als Anlass für ein Selbstporträt genommen. Natürlich als Film. Könnte man in ihr Inneres schauen, fände man wohl bei den meisten Menschen Landschaften, bei ihr dagegen seien es Strände, sagt Varda zu Beginn des Films. Strände faszinieren Varda in ihrer Zeitlosigkeit, Strände stehen auch für Stationen ihres Lebens.
Der Lebensrückblick einer Künstlerin, die sich – laut eigener Aussage – schon als Kind für das reale Leben kaum interessierte, trennt auch in diesem Genre nicht streng zwischen dem was war und dem, was hätte sein können. Reale Orte, Filmsets, Fotos und Filmausschnitte, das alles ist Material, eine unerschöpfliche Datenbank, aus der Varda Einzelstücke herausgreift und sie nachdenklich kommentiert. Das Ergebnis ist weniger stringentes Portrait als impressionistisch schillerndes, stark persönlich gefärbtes Lebensmosaik. Strände spielen eine Rolle, wenn auch weniger vordergründig, als der Titel vielleicht vermuten lässt.
Varda selbst ist ununterbrochen im Bild und lotst uns durch Landschaften und Orte. Erzählt auch von den Initialzündungen ihrer Filme, von Ideen und Motiven. Von ihrer feministischen Phase ist die Rede, während der sie auch "Vogelfrei" (OT: Sans Toit ni Loi) drehte, einen Film über eine junge Landstreicherin, die in absoluter Freiheit leben will. Die Rolle verhalf Sandrine Bonnaire zum internationalen Durchbruch. Der Film gewann 1985 den Goldenen Löwen auf dem Filmfest in Venedig.
Die eigenen Filme bleiben in der aktuellen Filmerzählung fern, endgültig vergangen. Im Vordergrund von Vardas filmischem Rückblick steht nicht das eigene Werk sondern die Frage nach den Formen der Erinnerung. Gibt es Kontinuität oder nur die Sehnsucht danach? Wie wahr kann Erinnerung überhaupt sein?
Einzelne traumhafte Bilder bleiben am Ende im Gedächtnis: das Meer in den Spiegeln am Strand von Belgien ganz zu Beginn, eine Segeltour auf den Kanälen von Sète und dann auf der Seine in Paris, der kleine wandelbare Innenhof in Paris. Varda, inmitten ihrer weiß gekleideten Kinder und Kindeskinder, an einem Strand, tanzend. Es sind traumähnliche Bilder von denen Varda sagt, sie hätte sie schon immer im Kopf gehabt, und der Antrieb sie einmal realisiert zu sehen, sei das eigentliche Motiv gewesen, diesen Film zu drehen.
AVIVA-Tipp: Das eigenwillige Werk einer eigenwilligen Filmemacherin. Mit Sicherheit ein Film und eine Retrospektive für Fans von Agnès Varda und für alle, die sich für Personen und Entstehungszeit der Nouvelle Vague interessieren.
Die Filme von Agnès Varda, einer der einfallsreichsten und künstlerisch konsequentesten Filmemacherinnen, sind im Kino Arsenal vom 4. bis 30. September 2009 zu sehen. Darunter "Mittwoch zwischen 5 und 7" (OT: Cléo de 5 à 7) eine Studie über das objektive Erleben und das subjektive Vergehen von Zeit, mit dem Varda der internationale Durchbruch gelang und "Vogelfrei" (OT: Sans Toit ni Loi) mit Sandrine Bonnaire. Weitere Infos zu Agnès Varda finden Sie unter: www.egs.edu/faculty/agnesvarda.html
Das vollständige Programm der Retrospektive finden Sie unter: www.arsenal-berlin.de
Die Strände von Agnès
OF: Les Plages d’Agnès
Dokumentarfilm
Frankreich 2008
Buch und Regie: Agnès Varda
Länge: 108 Minuten
Kinostart: 10. September 2009
Produktion: Ciné-Tamaris
www.cine-tamaris.com